Das Deckblatt – für Optik und Geschmack

 

Neben den essentiellen Komponenten Einlage und Umblatt bildet das Deckblatt, im Fachjargon auch Capa oder Wrapper genannt, den dritten Bestandteil einer jeden Zigarre. Die Komplexität, perfekte Tabakpflanzen für das Deckblatt herzustellen, lässt sich mit der Tatsache beschreiben, dass Makel am Deckblatt automatisch Makel an der Zigarre bedeuten – schließlich ist alles, was man sieht und worauf die Bauchbinde befestigt ist, Deckblatt. Doch nicht nur optisch muss das Deckblatt für Premiumzigarren von höchster Qualität sein, auch in Harmonie mit den beiden anderen Komponenten muss es stehen.


Befeuchtung und Belüftung des Tabaks, sog. Moja

 

Die Auslese beginnt schon früh

Dabei fängt die Auslese bereits bei der noch rohen Pflanze an. Tabakblätter werden an der Pflanze in drei Abschnitte unterteilt: Ligero, Seco und Volado. Für Deckblätter werden meist Blätter der Kategorie Volado oder Ligero genommen. Erstere besitzen einen milden Stärkegrad und sind durch ihre feine Struktur besonders gut als Deckblatt geeignet. Blätter, die eher weniger Sonnenlicht ausgesetzt waren (d.h. aus dem unteren Pflanzensegment stammen), behalten zudem ihren hohen Gehalt an Chlorophyll. Selbst in den späteren Fermentationsvorgängen geht diese dominant grüne Farbe nicht verloren, sondern wird einzig und allein ein wenig dunkler. Zigarren mit diesen Deckblättern werden Candela Zigarren genannt. Ligeros hingegen sind die kräftigen Tabakblätter, die an der Spitze der Pflanze wachsen und ein besonders intensives Aroma ausprägen. Bei würzigen Blends werden auch sie als Deckblatt verwendet. Generell gilt: Je mehr Sonne auf die Tabakblätter eingewirkt hat, desto dunkler werden diese nach der Trocknung. Außerdem spielt der Erntezeitpunkt eine essentielle Rolle – früh geerntete Tabakblätter sind heller, da sie nicht so langte und sonnenintensiv gereift sind wie die dunkleren Typen.

Neben dem besonderen Candela Deckblatt, was auch als Claro Claro klassifiziert wird, unterteilt man weiterhin in sieben verschiedene Farben, von hell nach dunkel: Claro Claro, Claro, Colorado Claro, Colorado, Colorado Maduro, Maduro sowie Oscuro. Die sehr früh geernteten Claro Claro Blätter bieten einen extrem milden Geschmack, der durch den Mangel an Bitterstoffen, die bei der Reifung entstehen, bedingt ist, sowie eine helle Farbe, die gerne auch noch hellgrün sein kann. Colorado Claro und Colorado Blätter werden im Geschmack zunehmend würziger. Bei Maduros ist eine gute Portion Würze schon deutlich zu schmecken, die oft auch mit süßen Noten einhergeht. Das Oscuro-Deckblatt ist farblich schon fast schwarz und ist damit im Geschmack auch am stärksten, da die Blätter am längsten den Sonnenstrahlen ausgesetzt sind.


Entrippen und sortieren der Deckblätter

 

Verarbeitung und Bedeutung

Besonders interessant ist die Verarbeitung der Blätter nach der Ernte bis zum fertigen Deckblatt, das vom Torcedor schließlich um die Einlage und das Umblatt gewickelt wird. Nachdem die geernteten Tabakblätter in den Lagerschuppen angekommen sind, werden sie zu Bündeln zusammengebunden getrocknet. Anschließend geht es mit der ersten Fermentation weiter, um den Blättern Säure und Nikotin zu entziehen. Nach der ersten Fermentation erfolgen die Sortierung und das Entrippen durch die Despalilladoras. Anschließend kommt es zum wohl wichtigsten Schritt: Die Rezagadores sortieren die Deckblätter nach Größe und Farbe. Diese Kategorisierung entscheidet letzten Endes darüber, für welche Zigarrenrohlinge die Deckblätter genutzt werden. Sogar aussortiert wird in diesem Produktionsschritt noch, denn die Deckblätter müssen vor allem bei bewährten, originalen Habanos absolut makellos sein. Auch im Hinblick auf die Torcedores müssen die Deckblätter genau die Dehnbarkeit und Flexibilität mitbringen, die ihnen bereits vor der Ernte vorhergesagt wurde.

Der Wert dieser Auslese ist den drei großen „Aufgaben“ des Deckblattes zuzuschreiben. Zum einen gibt es der Zigarre die Struktur. Selbst nach der Entnahme der Hautrippe zeichnet sich ein gutes Deckblatt durch möglichst wenige, feine Adern aus. In diesen Adern findet man kaum Aromastoffe vor, sie beinhalten fast ausschließlich Nikotin. Außerdem sieht der Aficionado in den dickeren Adern nicht nur eine Aroma-Blockade, sondern eben auch schlechte Produktionsvorgänge und mangelnde Kontrolle.

Des Weiteren ist die Farbe von enormer Bedeutung. Sie entscheidet über die Ästhetik und den Geschmack: Eine helle Deckblattfarbe schürt die Erwartung eines milden Smokes – eine Maduro mit dunkelbraunem Farbton lässt einen würzigen Charakter erwarten. Und damit wäre schon der letzte wichtige Punkt angesprochen: Die Farbe repräsentiert nicht nur den Geschmack, sie ist auch wirklich aktiv dafür verantwortlich. Denn die Capa kann mehr als die Hälfte aller Aromen der Zigarren in sich tragen und über die Aromendynamik des ganzen Wickels entscheiden. Dennoch gibt es aber auch Ausnahmen und Zigarren, die trotz eines dunklen Deckblatts eher mild oder trotz eines hellen Deckblatts eher würzig sind.